Serie über die Fanarbeit der DFL – Teil 6: Barrierefreiheit und Inklusion

Fans des FC Schalke 04 und von Borussia Dortmund, zu erkennen an den jeweiligen Trikots, verfolgen im Rollstuhl sitzend ein Bundesliga-Spiel im Dortmunder SIGNAL IDUNA PARK. Im hinteren Teil des Bildes sind Tribünen des SIGNAL IDUNA PARK und die einprägsame schwarz-gelbe Dachkonstruktion gut zu erkennen.
Fans von Borussia Dortmund und des FC Schalke 04 im Rollstuhl verfolgen im Dortmunder SIGNAL IDUNA PARK ein Bundesliga-Spiel zwischen beiden Clubs. (Foto: DFL/Getty Images/Lukas Schulze)
  • Serie: Einblicke in die Fanarbeit der DFL
  • Teil 6: Fanarbeit mit dem Schwerpunkt Menschen mit Behinderungen – Barrierefreiheit und Inklusionsmaßnahmen im Zuschauersport Fußball

13.02.2020 – Die Schaffung selbstbestimmter und gleichberechtigter Teilhabemöglichkeiten aller Menschen an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, auch am Stadionerlebnis, und der Abbau von Barrieren, die zu Ausgrenzung führen – so versteht sich Inklusion.

Im sechsten Teil unserer Serie möchten wir Ihnen Einblicke in die Umsetzung von Barrierefreiheit – als einem zentralen Bestandteil von Inklusion – an den Standorten der Bundesliga und 2. Bundesliga geben und erläutern, wie die DFL auf diesem Gebiet unterstützt. Was sind die Unterschiede zwischen Inklusion und Barrierefreiheit? Was sind Aufgaben im Bereich der Behindertenfanbetreuung? Welche Partnerinnen und Partner im Netzwerk unterstützen dabei?

Antworten auf diese Fragen sowie weitere Hintergründe finden Sie im Folgenden:

Seit wann nimmt sich die DFL der Themen Inklusion und Barrierefreiheit an?

Im Jahr 2006, kurz nachdem die Abteilung Fanangelegenheiten bei der DFL eingerichtet wurde, stellte die DFL den Clubs und ihren Fanbeauftragten ein verändertes Konzept für die Fanarbeit vor und unterstrich dabei ein neues Selbstverständnis des Profifußballs ins Sachen Fanarbeit. Seitdem spielt auch die Behindertenfanbetreuung eine wichtige Rolle (siehe hierzu auch Teil I der Serie).

Fans im Rollstuhl verfolgen im Karlsruher Wildparkstadion am Spielfeldrand sitzend einen Zweikampf zwischen KSC- Spieler Marvin Pourie und dem Spieler Jannik Müller von der SG Dynamo Dresden, der die Kapitänsbinde trägt.
Fans im Rollstuhl verfolgen im Karlsruher Wildparkstadion einen Zweikampf um den Ball. (Foto: DFL/Getty Images/Sebastian Widmann)
Fans im Rollstuhl verfolgen im Karlsruher Wildparkstadion einen Zweikampf um den Ball. (Foto: DFL/Getty Images/Sebastian Widmann)

Was steckt hinter den Begriffen Inklusion und Barrierefreiheit aus Sicht der DFL-Abteilung Fanangelegenheiten?

Die Begrifflichkeit Inklusion rückte vor allem im Zuge der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 mehr und mehr in den Fokus. Inklusion nach dem eingangs erwähnten Verständnis entwickelte sich dann im Lauf der Jahre weiter. Verstanden als Leitidee für ein Konzept menschlichen Zusammenlebens, wo jede und jeder selbstverständlich dazugehört, beinhaltet Inklusion daher mehr als die Frage der Behindertenhilfe, die häufig im allgemeinen Sprachgebrauch mit der Begrifflichkeit in Verbindung gebracht wird.

Für die Gesellschaft und ihre Institutionen bedeutet dies, dass sie die tatsächlichen Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass alle gleichen Zugang zu allen Lebensbereichen haben. Im Fußball steht Inklusion somit für die Beseitigung von Ausgrenzungsmechanismen und für die Schaffung und Optimierung von Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen, im Stadion wie im Vereinsleben.

Inklusion ist daher grundsätzlich als Teilaufgabe jeder Abteilung beziehungsweise Direktion zu verstehen. Ein zentraler Bestandteil von Inklusion ist das Thema Barrierefreiheit.

Gibt es für die Themen Barrierefreiheit und Inklusion in den Clubs eine Ansprechperson?

Für jeden Club der Bundesliga und der 2. Bundesliga ist laut Paragraph 5 der Lizenzierungsordnung die Benennung eines oder einer Behindertenfanbeauftragten verpflichtend. Organisatorisch und fachlich ist diese Rolle häufig in der Fanbetreuung angesiedelt.

Das breit gefächerte Aufgabengebiet wird teilweise von ehrenamtlich Mitarbeitenden wahrgenommen; bei einer zunehmenden Anzahl an Clubs wurde die Position während der vergangenen Jahre jedoch hauptamtlich und in Vollzeit besetzt. Dies spiegelt auch die gewachsene Bedeutung der Fanarbeit mit dem Fokus auf Menschen mit Behinderungen wider. Ziel dieses Engagements ist es insbesondere, allen Fans möglichst uneingeschränkte Teilhabe am Stadionerlebnis zu ermöglichen. Inklusion als Teilaufgabe jeder Direktion beziehungsweise Abteilung spielt bei vielen Clubs daher auch noch in weiteren Funktionsgruppen eine Rolle.

Ein Pendel- beziehungsweise Blindenstock wird von einer Person in der Mitte eines taktilen Führungssystems (Blindenleitsystems) geführt. Dieses führt direkt auf die Mainzer OPEL ARENA zu, die im Hintergrund leicht unscharf zu erkennen ist.
Ein taktiles Führungssystem an der Mainer OPEL ARENA unterstützt blinde und sehbehinderte Fans beim Stadionbesuch. (Foto: DFL/Getty Images/Simon Hofmann)
Ein taktiles Führungssystem an der Mainer OPEL ARENA unterstützt blinde und sehbehinderte Fans beim Stadionbesuch. (Foto: DFL/Getty Images/Simon Hofmann)

Wie sind die Aufgabenfelder von Fanbeauftragten für Menschen mit Behinderung definiert?

Zu den Aufgaben und zum Selbstverständnis einer/eines Behindertenfanbeauftragten zählt unter anderem die Unterstützung von Fußballfans mit Mobilitäts-, Seh-, Hör-, oder kognitiven Einschränkungen bei Fragen und individuellen Bedarfen rund um das Stadionerlebnis.

Darüber hinaus stellt der Ausbau von möglichen Angeboten und Strukturen, die Barrierefreiheit und Inklusion am jeweiligen Standort fördern, eine zentrale Aufgabe der Behindertenfanbeauftragten dar. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit mit Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aus verschiedenen Bereichen der Clubs, beispielsweise Ticketing oder Sicherheit, im Sinne des oben geschilderten Verständnisses von Inklusion unerlässlich.

Ebenso ist der Austausch mit den Fans von großer Bedeutung. Um Fans den Dialog mit den jeweiligen Ansprechpersonen vor Ort zu erleichtern, entwickelt die DFL Stiftung den barrierefreien Bundesliga-Reiseführer stetig weiter. Zu jedem Standort der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga finden Fans darin alle Informationen rund um den Stadionbesuch, einschließlich der jeweiligen Ansprechperson, übersichtlich und kompakt sowie auch in „Leichter Sprache“ dargestellt.

Welchen Beitrag leistet die DFL-Abteilung Fanangelegenheiten in Bezug auf Barrierefreiheit und Inklusion über die Clubgrenzen hinaus?

Die DFL hat sich zum Ziel gesetzt, trotz der immer komplexer werdenden Aufgaben in diesem Bereich einen einheitlich hohen Standard in der Arbeit der Behindertenfanbeauftragten aller Lizenzvereine anzustreben und den Berufsstand weiter zu professionalisieren.

Ein wichtiger Baustein hierbei ist der Austausch untereinander. In der Regel einmal im Jahr organisiert die DFL gemeinsam mit dem sogenannten Club-Arbeitskreis der Behindertenfanbeauftragten ein Netzwerktreffen, bei dem die Behindertenfanbeauftragten die Möglichkeit haben, mit Kolleginnen und Kollegen anderer Clubs sowie weiteren Netzwerkpartnern in den Austausch zu treten. Ebenso stehen bei diesen Treffen (zuletzt im November 2019) meist Fachvorträge, die Vorstellung von Praxisbeispielen und die konkrete Arbeit an Themen in Kleingruppen auf dem Programm.

Auf dem Foto sind zwei Personen mit dem Rücken zum Betrachter gerichtet im Vordergrund zu sehen. Auf einem T-Shirt steht „Fanbeauftragter Inklusion“. Im Hintergrund sind ein roter Aufsteller mit weißem DFL-Logo und eine Wandprojektion mit der Aufschrift „Tagung der Behindertenfanbeauftragten“ zu sehen.
Tagung der Behindertenfanbeauftragten 2019 in Berlin. (Foto: Witters)
Tagung der Behindertenfanbeauftragten 2019 in Berlin. (Foto: Witters)

Des Weiteren hat die DFL eine Empfehlung zur barrierefreien Gestaltung von Fußballstadien veröffentlicht. Die unter dem Namen „Barrierefrei im Stadion“ veröffentlichten Anregungen richten sich in erster Linie an Clubs und Stadionbetreiber. Sie sollen dazu beitragen, den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen noch besser gerecht zu werden.

Gibt es spezielle Fort- und Weiterbildungsangebote für Behindertenfanbeauftragte?

Neben der Empathie auf diesem Arbeitsfeld sind bei den Behindertenfanbeauftragten gute kommunikative Fähigkeiten unerlässlich. Oft sind sie auch als Vermittler zwischen den Interessen der Fußballfans mit Behinderungen und dem Verein sowie weiterer Institutionen gefragt. Hierzu bietet die DFL immer wieder entsprechende Moderations- und Kommunikationsfortbildungen an.

Seit 2017 hat die DFL in Kooperation mit der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim ein praxisorientiertes Qualifizierungsangebot implementiert: Die Weiterbildung zur/zum zertifizierten Behindertenfanbeauftragten. Dieser Baustein fördert zudem die Sichtweise auf ein ganzheitliches Fan- und Zuschauermanagement. Bislang wurden 34 Behindertenfanbeauftragte von 22 Clubs zertifiziert.

Seit vielen Jahren pflegt die DFL den Dialog mit teilhabeorientierten Gruppen, beispielsweise mit der BundesBehindertenfanArbeitsGemeinschaft (BBAG), die die Interessen von Fußballfans mit Behinderungen gegenüber den Fußballverbänden und -clubs vertritt. Der kommunikative Austausch mit der Arbeitsgemeinschaft als Interessensvertretung, aber auch mit den Fußballfans und den Nutzerinnen und Nutzern der verschiedenen Angebote ist für die DFL-Abteilung Fanangelegenheiten von essenzieller Bedeutung.

Mit welchen Netzwerkpartnern arbeitet die DFL im Bereich Barrierefreiheit und Inklusion zusammen?

Im Zuge dessen initiierten DFL und BBAG gemeinsam mit der Aktion Mensch die „KickIn!-Beratungsstelle Inklusion im Fußball“, die das Wissen von Expertinnen und Experten im Fußball bündelt sowie den Clubs und Fans konkrete Unterstützung und Hilfestellung zum Thema Inklusion anbietet.

Ferner wurde im Jahr 2018, ebenfalls in Kooperation mit der Aktion Mensch, das „Zentrum für Sehbehinderten- und Blindenreportage in Gesellschaft und Sport“ (T_OHR) ins Leben gerufen. Neben der Qualifizierung der Clubs im Bereich Blindenreportage ist eines der Ziele, Menschen mit Sehbeeinträchtigungen die Teilhabe zu sport- und kulturgesellschaftlichen Angeboten zu ermöglichen.

Der Partner Aktion Mensch bringt seine Expertise im Bereich Inklusion darüber hinaus in vielfältiger Weise ein: Ob als Förderer von zahlreichen Projekten bei den Clubs, bei der Weiterentwicklung des Bundesliga-Reiseführers der DFL Stiftung oder an den Schnittstellen zu den Projekten Kids-Clubs und Lernort Stadion.

Mit einer Vielzahl an Projekten und gemeinsam mit den genannten Organisationen arbeitet die DFL-Abteilung Fanangelegenheiten stets daran, die Potenziale, die der Inklusionsgedanke im Zuschauersport Fußball bietet, weiter zu fördern, sodass das gemeinsame emotionale Erlebnis im Stadion Begegnungen zwischen Fans ermöglicht, die weit über den Fußball hinaus Wirkungen erzielen können.

Alle künftigen Teile der Serie lesen Sie zunächst im DFL-Fan-Letter, für den Sie sich hier anmelden können. Alle bisherigen Teile der Serie finden Sie hier