Akustik auf Ballhöhe: Closeball Tonabmischung

26.09.2023 – Fußballfans, die ein Spiel am Bildschirm verfolgen, möchten möglichst nah am Spielgeschehen sein. Das gilt nicht nur für die Einstellungen der Kameras, sondern auch für den dazugehörigen Ton. Dafür sorgen in der Bundesliga eine Menge Mikrofone, die anhand von Live-Positionsdaten automatisch gesteuert werden.

Der richtige Sound zum Spiel

Zu einer ansprechenden Fußballübertragung gehört auch der richtige Sound. In der Bundesliga sind rund um das Spielfeld insgesamt 17 Mikrofone angeordnet, um die Geräuschkulisse des Spiels einzufangen: den Tritt gegen den Ball, das Rufen der Spieler oder den Pfiff des Schiedsrichters. Dafür werden aber nicht durchgehend alle Mikrofone in gleichem Maße benötigt: Dort, wo auf dem Platz gerade die relevanten Spielsituationen stattfinden, ist das Tonsignal der nächstgelegenen Mikros besonders wichtig – abseits des Spielgeschehens weniger. In der Vergangenheit war das ein manueller Prozess, bei dem die Tonregie im Übertragungswagen Schieberegler am Mischpult analog zum Geschehen auf dem Platz bedienen musste. Aufgrund der Geschwindigkeit und mitunter Unvorhersehbarkeit des Spielgeschehens war das eine kräftezehrende Aufgabe.

Digitale Echtzeit-Spieldaten steuern den Sound

Die Verfügbarkeit digitaler Echtzeit-Spieldaten hat auch die Tonabmischung revolutioniert. Jede Bewegung auf dem Spielfeld wird automatisch durch Tracking-Cams im Stadion erfasst, die Live-Tracking-Daten stehen in Echtzeit zur Verfügung. Sie fließen nicht nur in die offiziellen Spielstatistiken und analytischen Grafiken ein, mittlerweile werden sie auch durch das mc²-Mischpult in der Tonregie übernommen. Je nachdem, wo auf dem Platz laut Live-Trackingdaten gerade Relevantes geschieht, fahren die Eingangspegel der Mikrofone am Mischpult automatisch hoch beziehungsweise herunter. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer am Bildschirm entsteht so eine Akustik, die – im wahrsten Sinne des Wortes – stets auf Ballhöhe ist und die relevanten Spielszenen mit dem bestmöglichen Sound unterlegt.

Foto: DFL/Getty Images/ Sebastian Widmann

Lebendigere Spiele für die Fans, mehr Zeit für kreative Tonregie

Dieses innovative Audio-Produktionssystem ist mittlerweile bei der Übertragung von Spielen der Bundesliga Standard. Entwickelt wurde es von der Lawo AG und ChyronHego in Zusammenarbeit mit der DFL und Sportcast. ChyronHego, mit Sitz in den USA, ist spezialisiert auf Übertragungstechnologien und -dienstleistungen und generiert die offiziellen Tracking-Daten, die die exakten Positionen aller 22 Spieler auf dem Feld, des Balls und der Schiedsrichter in Echtzeit erfassen und unter anderem der Audioregie zuführen. Die Rastätter Lawo AG, die Medieninfrastruktur- und Produktionssysteme für Rundfunksender herstellt, entwickelte die Software KICK als Schnittstelle zwischen den Tracking-Daten und dem Mischpult. KICK entscheidet, welche Mikrofone die jeweilige Spielszene am besten akustisch darstellen können, und sendet entsprechende Signale an das Mischpult.

Nicht nur die Fans profitieren von dieser neuen Sound-Technologie durch ein lebendigeres Spielerlebnis am Bildschirm. Auch für die Tonregie ist das System ein großer Fortschritt, da sie sich nun nicht mehr um die Pegel der einzelnen Mikrofone kümmern muss und statt dessen der ästhetischen Gestaltung des Sounds weitaus mehr Aufmerksamkeit widmen kann.