Fragen und Antworten zum Video-Assistenten

26.07.2019 – Seit der Saison 2017/18 wird der Video-Assistent in der Bundesliga eingesetzt. Es ist ein gemeinsames Großprojekt von DFL und DFB unter der Federführung der FIFA und des für das weltweite Fußballregelwerk zuständigen International Football Association Board (IFAB). Seit Beginnder Spielzeit 2019/20 kommt zudem bei den 306 Saisonspielen der 2. Bundesliga dieselbe Video-Assist-Technologie zum Einsatz wie in der Bundesliga. Im März 2019 hatten sich die Clubs der 2. Bundesliga in einer Teilversammlung für die Einführung ausgesprochen, ehe die Mitgliederversammlung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. im Mai einstimmig den einheitlichen Einsatz des Video-Assistenten beschloss.

Wichtige Fragen und Antworten zum Video-Assistenten:

  • Bei welchen Situationen kann der Video-Assistent eingreifen?

Diese Möglichkeit gibt es in vier Fällen:

  • Torerzielung (Foul, Handspiel, Abseits und andere Regelwidrigkeiten bei oder im Vorfeld der Torerzielung)
  • Strafstoß/Elfmeter (nicht oder falsch geahndete Vergehen)
  • Rote Karte (nicht oder falsch geahndete Vergehen)
  • Verwechslung eines Spielers (bei Roter, Gelb-Roter oder Gelber Karte)

Voraussetzung für ein Eingreifen des Video-Assistenten ist jeweils, dass nach seiner Einschätzung eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung des Schiedsrichters auf dem Platz vorliegt. Ist eine solche, klar falsche Wahrnehmung des Schiedsrichters auf dem Platz nicht gegeben, darf der Video-Assistent nicht eingreifen. Der Video-Assistent ist also nicht dazu da, eine bessere Entscheidung zu finden. Auch wird es weiterhin Szenen geben, die nicht eindeutig aufzulösen sind. Der Video-Assistent soll den Fußball ein Stück weit gerechter machen.

  • Wer fungiert als Video-Assistent?

In der Saison 2019/20 kommen in der Bundesliga 31 Video-Assistenten (VA) zum Einsatz. Die Video-Assistenten-Liste umfasst neben den Erstliga-Schiedsrichtern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die fünf qualifizierten Zweitliga-Schiedsrichter Florian Badstübner, Timo Gerach, Dr. Matthias Jöllenbeck, Tobias Reichel und Sven Waschitzki sowie Günter Perl, der wegen Erreichens der Altersgrenze von 47 Jahren seine Karriere als Referee auf dem Rasen bereits beenden musste. Als Assistent-Video-Assistent (AVA) werden in der Bundesliga aktive und ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter-Assistenten und Schiedsrichter der 2. Bundesliga eingesetzt.

In der 2. Bundesliga können sowohl Bundesliga-Schiedsrichter als auch Schiedsrichter der 2. Bundesliga als Video-Assistenten fungieren. Unterstützt werden diese auf der Position des AVA von aktiven und ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter-Assistenten sowie von aktiven und ehemaligen Schiedsrichtern der 3. Liga. 

Alle Video-Assistenten haben umfangreiche Schulungsmaßnahmen absolviert und sind durch das IFAB anerkannt.

  • Wo verfolgen die Video-Assistenten die Spiele?

Die Video-Assistenten arbeiten zentral in Köln im Video-Assist-Center (VAC). Parallel können hier bis zu zehn Spiele von je einem Video-Assistenten verfolgt werden. Auch die meisten anderen internationalen Ligen bevorzugen die zentrale Variante. Bei der WM 2018 in Russland wurde ebenfalls von einer zentralen Stelle, in diesem Fall in Moskau, gearbeitet. Ein Vorteil der zentralen Lösung ist unter anderemdie größere technische Sicherheit.

  • Wer trifft die Entscheidung?

Jede Entscheidung liegt letztlich unverändert beim Schiedsrichter auf dem Platz. Der Video-Assistent ist also kein Ober-Schiedsrichter. Er erweitert vielmehr das Team des Schiedsrichters – zusätzlich zu den beiden Assistenten an den Seitenlinien und dem Vierten Offiziellen. Jeder Video-Assistent wiederum wird bei einem Bundesliga-Spiel im Video-Assist-Center durch jeweils einen Assistenten (AVA) und zwei Operatoren unterstützt, in der 2. Bundesliga assistiert ein Operator.Diesen Video-Technikern fällt die wichtige Aufgabe zu, möglichst schnell Szenen mit den besten Perspektiven aus dem Angebot an Bildern aus den Stadien herauszufiltern, um diesedem Video-Assistenten vorzulegen undeine optimale Bewertung zu ermöglichen.

  • Welche Kameras im Stadion kann der Video-Assistent nutzen?

Alle Kamera-Perspektiven, die für die Übertragung der Spiele von der Sportcast GmbH angeboten werden, in der Bundesliga dazu die beiden Kameras der Torlinientechnologie. Die Tochtergesellschaft der DFL produziert das weltweite Fernsehbild von allen Spielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga. In der Regel stehen dem Video-Assistenten bei Bundesliga-Spielen Aufnahmen von 19 bis 21 Kameras zur Verfügung. In der 2. Bundesliga kann der Video-Assistent auf sieben bis elf Kameras zurückgreifen. Das ist zwar weniger als in der Bundesliga, stellt aber trotzdemeinen hohen Standard dar. So haben einige europäische Topligen weniger Kameras zur Verfügung, auch das IFAB schreibt mit mindestens vier Kameras deutlich weniger vor. Die Erfahrung aus der Bundesliga zeigt, dass die Video-Assistenten zumeist auf Kameras zugreifen, die auch in der 2. Bundesliga vorhanden sind.Die Arbeit der Video-Assistenten – das Eingreifen bei klaren und offensichtlichen Fehlentscheidungen, um den Schiedsrichter auf dem Feld bestmöglich zu unterstützen – ist in der 2. Bundesliga also keinesfalls eingeschränkt.

  • Wie kommuniziert der Schiedsrichter auf dem Platz mit dem Video-Assistenten?

Über Funkkontakt. Der Schiedsrichter auf dem Platz nutzt dabei das Headset („BOLERO S“ von Riedel Communications), mit dem er schon mit seinen beiden Assistenten an den Seitenlinien und dem Vierten Offiziellen in Verbindung steht.

  • Wer kann den Kontakt einleiten?

Die Kommunikation kann sowohl vom Video-Assistenten als auch vom Schiedsrichter auf dem Platz ausgehen.

  • Wie viel Zeit darf die Klärung einer Situation in Anspruch nehmen?

Eine maximale Dauerwurde nicht festgelegt. Ziel ist immer die möglichst schnelle Klärung. In der gesamten Saison 2018/19 dauerte eine Überprüfung im Schnitt nur etwa 61 Sekunden. Zum Vergleich: Bei der WM 2018 in Russland wurden für einen Check durchschnittlich 80 Sekunden benötigt. Höchste Priorität hat jedoch selbstverständlich eine korrekte Entscheidung.

  • Kann der Schiedsrichter auf dem Platz eine Szene selbst noch einmal in einer Wiederholung anschauen?

Ja, diese Möglichkeit besteht auf einem Video-Monitor am Spielfeldrand in der Review-Area. In diesem Fall wird hier genau die Kamera-Perspektive eingespielt, die der Video-Assistent für seine Bewertung genutzt hat.

  • Können die beiden Mannschaften die Überprüfung einer Spielsituation anfordern, vergleichbar der „Challenge“ beim Tennis?

Nein. Von IFAB-Seite wurde dies schon zu Beginn der zweijährigen Testphase 2015 nicht zugelassen. Grund dafür ist unter anderem ein zu erwartender, immenser Zeitverlust in jedem Spiel bei beispielsweise zwei oder vier Möglichkeiten einer „Challenge“ pro Begegnung. Hingegen findet die Überprüfung einer Schiedsrichter-Entscheidung durch den Video-Assistenten nach den bisherigen Erfahrungen statistisch überhaupt nur in jedem dritten Spiel statt.

  • Wie werden die Fans informiert?

Mit Beginn der Saison 2018/19 wurde die Transparenz für die Zuschauer im Stadion und an den Bildschirmen erhöht. Direkt aus dem Video-Assist-Center in Köln werden dem betreffenden Heimclub eines Bundesliga-Spiels Textbausteine zur Verfügung gestellt – allerdings nur für den Fall einer tatsächlichen Überprüfung. Diese werden von der Stadion-Regie des jeweiligen Vereins auf die Videowand gespielt – als Erläuterung für die Fans, welche Gründe es für die Überprüfung gab und welche finale Entscheidung der Schiedsrichter getroffen hat. Hierfür sind Varianten für mehr als 100 verschiedene Spielsituationen vorbereitet.

Erfolgt die Änderung einer Entscheidung oder möchte sich der Schiedsrichter die Szene auf dem Video-Monitor am Spielfeldrand in der Review-Area ansehen, so zeichnet der Unparteiische mit beiden Händen symbolisch den Umriss eines TV-Bildschirms in die Luft. Fans im Stadion werden zunächst durch das Video-Assist-Logo auch über die Videowand darüber informiert, dass eine solche Bewertung stattfindet. Zuschauer an den Bildschirmen können seit der Saison 2018/19 optional unter anderem durch Textgrafiken über den Ablauf des Checks einer Schiedsrichter-Entscheidung informiert werden.

  • Welche Rolle spielt die Abseitslinie?

Die erfolgreiche Nutzung der Abseitslinie bei der WM 2018 wurde von DFL und DFB als Qualitätssiegel für den Einsatz in der Bundesliga gewertet, zumal die in Russland tätigen deutschen Video-Assistenten die Abseitslinie als sehr hilfreich einstuften. Darüber hinaus wird in der Bundesliga dasselbe System („Hawk-Eye“) wie bei der WM verwendet. Optimale technische Vorbereitungen bei jedem einzelnen Bundesliga-Spiel und hohe Regelkenntnisse der Video-Assistenten auch bei schwer zu beurteilenden Situationen ergeben eine bestmögliche Basis für die Nutzung der kalibrierten Abseitslinie. Unterstützung bietet bei besonders knappen Szenen zudem die Möglichkeit einer 3D-Ergänzung zur Abseitslinie unter Zuhilfenahme eines Lots. Im Falle der Überprüfung einer Abseitssituation durch den Video-Assistenten wird eine Grafik mit Abseitslinie im TV-Basissignal gezeigt.