Eine Ikone des Fußballs: Lothar Matthäus wird 60 Jahre alt

Lothar Matthäus jubelnd mit der Meisterschale
Lothar Matthäus mit der Meisterschale: Der FC Bayern München wird Deutscher Meister in der Saison 1993/94 (Foto: imago Sportfotodienst).

21.03.2021 – Weltfußballer, Welt- und Europameister, siebenmaliger Deutscher Meister, Superstar und Vorbild: Heute wird Lothar Matthäus 60 Jahre alt. Weggefährten über den legendären Mittelfeldspieler der Achtziger und Neunziger, heutigen Sky-Experten und DFL-Ehrenpreisträger.


Franz Beckenbauer: „Echter Freund in allen Lebenslagen“

Franz Beckenbauer (Foto: Gisela Schober / Getty Images).

Es ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, dass ein Trainer und ein Spieler über die gemeinsame aktive Zeit hinaus eng in Verbindung bleiben. Bei Lothar Matthäus und mir ist das aber erfreulicherweise seit inzwischen mehr als zwei Jahrzehnten der Fall. Schon unsere Zusammenarbeit auf dem Platz, beim Training und bei den Spielen, war von einem besonderen Verhältnis geprägt. Denn ob beim FC Bayern oder bei der Nationalmannschaft: Lothar habe ich als meinen verlängerten Arm auf dem Rasen gesehen.

Für diese Führungsrolle war er prädestiniert. Ein großartiger Fußballer, voll Spielverständnis und Torgefährlichkeit, dazu eine Kämpfernatur mit ausgeprägtem Ehrgeiz, immer erfolgreich sein zu wollen. Lothar war jemand, der Mannschaftskollegen mitreißen konnte. Ein echtes Vorbild! Den Höhepunkt unzähliger Erfolge durften wir mit dem WM-Titel 1990 in Italien gemeinsam feiern. Dass Lothar mich mit seinem 104. Länderspiel 1993 als Rekordnationalspieler ablöste, habe ich ihm verziehen. Er hatte es verdient.

Enttäuscht war und bin ich darüber, dass Lothar nie die Chance als Trainer in der Bundesliga bekam. Das Zeug dazu hat er allemal, so viel wie er über Fußball weiß samt der reichhaltigen Erfahrung aus seiner langen Karriere.

Glücklich schätze ich mich hingegen, in Lothar einen echten Freund zu haben. Und dabei zu wissen, dass auf ihn in allen Lebenslagen absolut Verlass ist – früher wie heute. Danke dafür, Lothar! Gute Wünsche zu Deinem besonderen Geburtstag reiche ich dann nach, wenn Du als Bayern-Legende für ein Jahr tatsächlich zu einem „Sechziger“ wirst.


Andreas Brehme: „Außergewöhnlicher Ehrgeiz“

Andreas Brehme (Foto: imago images / Sven Simon).

Kennengelernt haben wir uns bei meinem ersten Einsatz in der U21-Nationalmannschaft Ende 1980. Beide wurden wir in der Abwehr eingesetzt, in Frankreich gab es eine 0:1-Niederlage. Lothar wurde von Trainer Berti Vogts schon kurz vor der Pause ausgewechselt, ich in der Halbzeit ebenfalls. War wohl nicht unser bester Tag. Danach hatten wir aber glücklicherweise über viele Jahre sehr gute gemeinsame Zeiten. Und praktisch alles haben wir zusammen erlebt: in München eine Deutsche Meisterschaft mit dem FC Bayern, eine Meisterschaft in Italien mit Inter Mailand, dort auch einen UEFA-Cup-Sieg – und natürlich den Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 in Rom.

In dieser langen Zeit hat sich schnell auch eine Freundschaft entwickelt, die bis heute und hoffentlich noch lange hält zwischen uns beiden demnächst mit 60 wieder Gleichaltrigen. Weil Lothar ein super Typ war und ist, auf den immer Verlass war und ist. Und der mir nicht nur als Weltklassefußballer imponiert hat, sondern außerdem mit seinem außergewöhnlichen Ehrgeiz. Gerade dann, wenn er sich nach schweren Verletzungen, von denen er leider nicht verschont geblieben ist, zurückgekämpft hat und wieder Topleistungen gezeigt hat. Auch davor ziehe ich den Hut!


Jupp Heynckes: „Zu einer großen Sportpersönlichkeit gereift“

Jupp Heynckes (Foto: picture alliance / Sven Simon).

An diesen Sonntag im Frühjahr 1979 kann ich mich, damals Assistent von Udo Lattek in Mönchengladbach, gut erinnern. Denn beim 1. FC Herzogenaurach war Lothar Matthäus gleich zwei Mal zu bestaunen. Morgens Jugend, nachmittags Amateur-Oberliga. Morgens zwei Tore von Lothar, nachmittags zwei Tore. Sofort habe ich Borussia-Manager Helmut Grashoff angerufen: Den müssen wir verpflichten, ein Juwel! Schon montags hat Lothar den Vertrag unterschrieben.

Auch Udo Lattek war von Lothar sehr angetan. Und Berti Vogts sagte: Verlass dich drauf, Jupp, das wird einer. Selbst war ich davon total überzeugt. Weil Lothar so viele Kriterien auf sich vereinte, wie ich es in meiner Laufbahn sonst nie erlebt habe: unbändiger Ehrgeiz, physisch stark, schnell, unwiderstehlich bei Sololäufen. Wucht, Dynamik, Physis. Mitreißend für die ganze Mannschaft. All das hat ihn bis zum Ende seiner fantastischen Karriere ausgezeichnet. Für mich gehört Lothar zu den größten Spielern, die der deutsche Fußball hervorgebracht hat. Und als Mensch ist er ehrlich, zuverlässig, positiv denkend, warmherzig. Einer, der sich sorgt und kümmert um diejenigen, die er mag.

Wie früher arbeitet Lothar auch jetzt ständig an sich. Das wird durch seine Sky-Tätigkeit deutlich: sehr gewissenhaft, sehr gut vorbereitet, in der Analyse den richtigen Ton treffend, auch wenn mal der Finger in die Wunde gelegt werden muss. Es ist sein persönliches Verdienst, dass er heute den Respekt der Fußballwelt genießt.

Lieber Lothar, weit über Deinen bald anstehenden runden Geburtstag hinaus wünsche ich Dir, dass Du Deine großartige Entwicklung bei bester Gesundheit fortführst. Schon jetzt bist Du zu einer großen Sportpersönlichkeit gereift.


Ottmar Hitzfeld: „Radarsystem im Kopf“

Ottmar Hitzfeld (Foto: Markus Burke).

Erfreulicherweise hatte ich das Vergnügen, ihn in der Schlussphase seiner herausragenden Karriere beim FC Bayern München bis zu seinem Wechsel in die USA im Jahr 2000 trainieren zu dürfen. Obwohl er schon in reiferem Alter war, gab es für mich überhaupt keine Zweifel daran, dass Lothar Matthäus jede Mannschaft verstärken kann. Eingesetzt habe ich ihn in dieser erfolgreichen Zeit mit zwei Deutschen Meisterschaften als Libero vor der Abwehr, ähnlich einem modernen Sechser von heute. Eine Rolle, die er zuvor auch schon bei Inter Mailand manchmal übernommen hatte. Von dieser Position aus konnte Lothar unser Spiel antreiben. Wie mit einem Radarsystem im Kopf, über das er zu verfügen schien, also mit außergewöhnlicher Spielintelligenz. Frühzeitig erkannte er Spielsituationen, erahnte beispielsweise Gefahrenmomente. Und wusste darauf meist die richtige Antwort. Hinzu kam seine Topeinstellung, seine Siegermentalität, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Auch deshalb war Lothar mein Kapitän – ein Part, den er ebenfalls hervorragend ausgefüllt hat. Leider vergeblich habe ich später darauf gehofft, dass er eine Mannschaft in der Bundesliga trainieren würde, zum Beispiel den FC Bayern. Aber Lothar macht ja bei Sky auch einen sehr guten Job!

Weit über die aktuell schwierigen Zeiten hinaus wünsche ich Dir, lieber Lothar, nur das Beste: Gesundheit, dazu Glück, Zufriedenheit und weiterhin Deine spürbare Begeisterung für den Fußball und die Bundesliga.


Christian Seifert: „Noch immer ein weltweites Aushängeschild der Bundesliga“

Christian Seifert (Foto: picture alliance / SZ).

Mit der Auszeichnung als Ehrenpreisträger hat die DFL Lothar Matthäus 2019 zunächst einmal für das gewürdigt, was er auf dem Rasen geleistet hat: als einer der besten Bundesliga-Spieler aller Zeiten, internationaler Topstar mit großartigen Erfolgen, unter denen der WM-Titel 1990 herausragt. Das DFL-Präsidium hat die verdiente Ehrung aber auch beschlossen, weil Lothar Matthäus viele Jahre nach Ende seiner einzigartigen Laufbahn noch immer ein weltweites Aushängeschild für die Bundesliga ist. Bei gemeinsamen Reisen durfte ich erleben, welche Ausstrahlung von ihm auf fußballbegeisterte Menschen rund um den Globus ausgeht.

Auch deshalb ist meine Wertschätzung für Lothar Matthäus in der jüngeren Vergangenheit noch einmal gestiegen. Im seit 2017 bestehenden „Bundesliga Legends Network“ ist er ganz Kapitän. Bemerkenswert ist dabei zudem, mit welcher Professionalität, exzellenten Vorbereitung und Zuverlässigkeit er diese Aufgabe wahrnimmt – auch wenn die Expertenrolle bei der Liveübertragung eines Bundesliga-Spiels auf einem anderen Kontinent schon mal morgens um fünf Uhr Ortszeit übernommen werden muss. Und mit welcher Offenheit er gegenüber den Fans und Medien in aller Welt auftritt, sich für Neues interessiert, das ihn selbst noch weiterbringt in seiner bemerkenswerten Entwicklung.


Rudi Völler: „Eine Weltkarriere hingelegt“

Rudi Völler (Foto: Valeria Witters / DFL via Witters).

Unter den fünf Spielern einer „Goldenen Generation“ der Jahrgänge 1960 und 1961, die 1990 gemeinsam Weltmeister wurden, ist Lothar der Jüngste. Nach Pierre Littbarski, Andi Brehme, Guido Buchwald und mir selbst wird auch er nun 60. Wir alle gehörten schon zur U21-Nationalelf, teils auch 1982 beim gegen England verlorenen EM-Finale. Acht Jahre später bildeten wir beim WM-Sieg das Gerüst, natürlich in einem Team mit weiteren Topspielern. Alle haben großartige Leistungen gezeigt. Aber Lothar ragte noch einmal heraus. Vor allem bei unserem WM-Auftakt. Gegen das starke Jugoslawien hat Lothar unter vielen Topspielen seiner Karriere wohl das beste überhaupt gemacht. Mit zwei Toren, von denen das Solo zum 3:1 unvergesslich bleiben wird.

Unvergesslich ist für mich auch, dass wir beim vorletzten Training vor dem Finale genau die Situation eingeübt haben, die gegen Argentinien zum entscheidenden Elfmeter führte: Lothar kommt aus dem Mittelfeld, spielt den Ball für mich halb rechts oder halb links in den Strafraum. Erfreulicherweise hat das funktioniert – und nach mehreren elfmeterwürdigen Szenen, bei denen sein Pfiff ausgeblieben war, hat auch der Schiedsrichter mitgespielt. Unsere Eigeninitiative im Training wurde belohnt!

Lothar hat als Spieler eine Weltkarriere hingelegt. Seine Erfolge und Auszeichnungen sprechen für sich. In unserer aktiven Zeit war er ein wunderbarer Kamerad, unser Kontakt ist bis heute bestens – hoffentlich noch lange über den 21. März hinaus, wenn Lothar vom Alter her wieder mit mir gleichzieht.