Der Global Player aus Lippstadt

Autor: Rudi Völler
25.09.2025 – Als Profi gewann er mit dem FC Bayern München unter anderem je zwei Mal die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und den Europapokal der Landesmeister. Im Topmanagement des Clubs wurde Karl-Heinz Rummenigge, Europameister 1980, zu einem international vernetzten Strategen. Eine Würdigung zum 70. Geburtstag.
Als ich 1980 als hoffnungsvoller Nachwuchsstürmer von den Offenbacher Kickers zu 1860 nach München wechselte, war „Breitnigge“ gerade das Nonplusultra des deutschen Fußballs. Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge bildeten gemeinsam die gefährlichste Waffe des FC Bayern. Der Spielmacher und der Vollstrecker. Dieser Stürmer war außergewöhnlich – ein absoluter Weltstar.
Kalle Rummenigge spielte seinerzeit in der Bundesliga und auf der internationalen Bühne alles an die Wand. Es gab niemanden auf dem Globus, der eine solche Kombination von Geschwindigkeit und fußballerischer Klasse auf den Platz brachte wie er. Mit seinem Katapultstart und seiner unfassbaren Technik kam er an jedem Gegenspieler vorbei, als Sturmspitze war er zur damaligen Zeit einmalig. Es gab da ja auch dieses Lied über ihn aus England, das unter anderem von Kalles „sexy knees“ handelte und auf der Insel einen beachtlichen Erfolg hatte. „Rummenigge, Rummenigge all night long“ hieß es da im Refrain, sofern ich mich richtig erinnere. Seine Ausstrahlung als Spieler, das Tempo, seine Athletik und Technik faszinierten und begeisterten die Fußballfans eben nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt.
Ich konnte mir damals wirklich nicht vorstellen, dass ich nur zwei Jahre nach meinem Wechsel zu den Sechzigern, dann schon bei Werder Bremen, gemeinsam mit diesem internationalen Topstar des großen FC Bayern in der Nationalmannschaft stürmen würde. Von 1982 bis 1986 haben wir beim DFB auf und neben dem Platz wunderbar harmoniert. Kalle war ein ganz Großer. Der nächste ganz Große kam aus Argentinien – er hieß Diego Armando Maradona …
Das zeigt in etwa, welches außergewöhnliche Niveau der einstmals so zurückhaltende und schüchterne junge Kerl aus dem westfälischen Lippstadt erreichte. Als Spieler sowieso, als der er nach seinem Wechsel zu Inter Mailand weiter für Furore sorgte. Auch bei Inter wurde der Deutsche Karl-Heinz Rummenigge zur Clublegende. All jenen aus „Germania“, die ihm ein paar Jahre später in die damals stärkste Liga der Welt nach Italien folgen sollten, hat er damit auch ein bisschen den Weg geebnet. Lothar Matthäus, Andy Brehme, Jürgen Klinsmann oder Thomas Häßler. Und natürlich auch mir. Kalle war mal wieder vorangegangen.

Foto: IMAGO/Sven Simon
So tat er es nicht allein als Kapitän beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft, sondern auch bei Inter. Und nach dem Karriereende als Profi ging es für Kalle auf höchstem Niveau weiter. Er wurde gemeinsam mit Uli Hoeneß der Macher schlechthin beim FC Bayern. Und als Spitzenfunktionär zog er auch schnell die Strippen auf dem internationalen Parkett. Kalle war und ist noch heute sensationell gut vernetzt in der Welt des Fußballs. Ich behaupte, es gibt nur wenige, die international so respektiert werden wie er. Ehrenmitglied der UEFA, Ehrenvorsitzender der ECA als wichtiger Interessenvertretung der europäischen Fußballvereine und DFL-Ehrenangehöriger wird man nicht, nur weil man einen guten Namen hat. Die außerordentliche Akzeptanz und Bewunderung weit über Europa hinaus hat Kalle aber nicht nur für die Bayern, sondern generell für den deutschen Fußball in die Waagschale geworfen – und entsprechend genutzt.
Meinen persönlichen Weg hat Kalle Rummenigge stark beeinflusst. Nicht nur als Spielerkollege bei der Nationalmannschaft, wo ich mir eine Menge von ihm abschauen konnte. Zur Zeit meiner Tätigkeit als Teamchef beim DFB war er als Vertreter der Bundesliga so gut wie bei jedem Länderspiel dabei. Wir führten viele Gespräche, er war einer meiner engsten Berater und unterstützte mich in wirklich allen Belangen. Kalle war mir eine große Hilfe in einem schwierigen Amt, auf ihn konnte ich mich absolut verlassen.
Das ist noch heute so. Auch bei meinem Wechsel von Bayer 04 Leverkusen zum DFB spielte er 2023 als Mitglied der damaligen Task-Force eine wichtige Rolle. Sein Wort hatte und hat Gewicht. Im deutschen Fußball, im europäischen Fußball – im Fußball schlechthin. „Global Player“ nennt man das wohl.
Dafür verdient Kalle Rummenigge höchsten Respekt. Gratulation, Kalle – natürlich auch zu Deinem 70.
Über den Autor
Rudi Völler (65) war als Spieler selbst ein Superstar. 1990 wurde er Weltmeister, 1993 gewann er mit Olympique Marseille die UEFA Champions League. Nach dem Karriereende als Profi arbeitete er unter anderem als DFB-Teamchef, Trainer und Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen. Heute ist er Sportdirektor der Nationalmannschaft.