Votum der Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga: Bremer Polizeikosten gehen in voller Höhe zu Lasten des SV Werder Bremen

  • Stundung eines Teilbetrags von 50 Prozent gegenüber SV Werder Bremen bis zum endgültigen Abschluss des Rechtsstreits vor dem Bundesverfassungsgericht
  • Ablehnung eines wie auch immer gearteten Fonds-Modells
  • Stadionallianzen als Lösungsansatz zur Reduzierung von Polizeikosten

03.12.2019 – Die aktuellen Gebührenbescheide der Freien Hansestadt Bremen für Polizeikosten gehen in voller Höhe von rund 1,17 Millionen Euro zu Lasten des SV Werder Bremen. Im Rahmen der heutigen Mitgliederversammlung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. unterstützten 32 von 34 anwesenden Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga in geheimer Abstimmung einen entsprechenden Grundsatzbeschluss des DFL-Präsidiums – bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme. Künftig fällig werdende Gebührenbescheide werden in gleicher Weise behandelt. Ein wie auch immer geartetes Fonds-Modell steht für die DFL weiterhin nicht zur Debatte.

Nachdem die DFL bereits Anfang September angekündigt hatte, zunächst die Hälfte der Gesamtsumme der Gebührenbescheide für Risikospiele dem SV Werder Bremen in Rechnung zu stellen, wurde sich nun mit der Belastung der zweiten 50 Prozent befasst. Die bislang vier zur Zahlung fälligen Gebührenbescheide wurden durch die DFL fristgerecht beglichen, mit der Zahlung war und ist jedoch keine Anerkennung der Rechtmäßigkeit der Gebührenbescheide und der Verfassungsmäßigkeit ihrer Rechtsgrundlage im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz seitens der DFL verbunden. Vielmehr ist das gerichtliche Verfahren nach der Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht Bremen noch nicht abgeschlossen. Diesbezüglich hat das DFL-Präsidium beschlossen, den Rechtsstreit nach Erschöpfung des Rechtsweges zur abschließenden Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Auch aus diesem Grund hat die Mitgliederversammlung auf Vorschlag des DFL-Präsidiums zusätzlich dafür votiert, die zweiten 50 Prozent der Gebühren im Innenverhältnis gegenüber dem SV Werder Bremen nicht fällig zu stellen und den endgültigen Abschluss des Rechtsstreits mit der Freien Hansestadt Bremen abzuwarten. Das Präsidium hält eine solche Lösung als Zeichen der inneren Solidarität mit dem Club und zur Begrenzung der Liquiditätsbelastung des Clubs für richtig und angemessen.

Wie die Vorinstanzen hatte auch das Bundesverwaltungsgericht im Rechtsstreit um den Gebührenbescheid anlässlich des Spiels gegen den Hamburger SV am 19. April 2015 den SV Werder Bremen als Veranstalter im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG angesehen und die DFL als Mitveranstalter. Heimclub und DFL sind demnach Gebührenschuldner und haften als Gesamtschuldner nach § 13 Abs. 4 BremGebBeitrG, so dass gesetzlich ein Ausgleich zwischen ihnen im Innenverhältnis stattfindet. Nach der gesetzlichen Grundregel des § 426 BGB tragen beide die Gebühren im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen, „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“.

Sowohl die von den Mitgliedern des DFL e.V. beschlossenen verbandsrechtlichen Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen DFL und Clubs regeln, als auch andere anwendbare Regelwerke, wie zum Beispiel das Nationale Konzept Sport und Sicherheit (NKSS), weisen die maßgeblichen Verantwortlichkeiten für die Planung, Organisation und Durchführung eines einzelnen Spiels dem jeweiligen Heimclub zu. Er trägt im Austausch und im Zusammenwirken mit den zuständigen Sicherheitsbehörden insbesondere die Verantwortung für die sichere Durchführung der Veranstaltung und hat auch die tatsächlichen und rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die sicherheitsrelevanten Abläufe und Entscheidungen rund um das Spiel. Satzungsgemäße Aufgabe der DFL ist die Organisation und Durchführung der Gesamtwettbewerbe Bundesliga und 2. Bundesliga, nicht die Organisation und Durchführung des einzelnen Spiels. Ihr Beitrag zum konkreten einzelnen Spiel beschränkt sich auf einen „Planungsbeitrag“, nämlich die zeitgenaue Ansetzung im Rahmen des Spielplans.

Mit der Veranstalterverantwortung des Heimclubs korrespondiert die finanzielle Seite: Der Heimclub erhält jeweils die Einnahmen aus seinen Heimspielen und hat die für die Ausrichtung des Spiels anfallenden Kosten zu tragen (§ 6 Abs. 2 RL SpOL). Die DFL ist also nicht an den dem Heimclub zustehenden Ticketing- und sonstigen Stadion- und Spieltagerlösen beteiligt.

Das DFL-Präsidium verkennt dabei selbstverständlich nicht, dass die aktuelle Gesetzeslage in Bremen nicht dem SV Werder Bremen vorzuwerfen ist. Sie stellt einen wirtschaftlichen Standortnachteil für den SV Werder Bremen innerhalb des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland dar. Solche Standortunterschiede können aber auch aus anderen landesgesetzlichen Regelungen oder auch aus einer unterschiedlichen Verwaltungspraxis zuständiger Behörden resultieren und sind hinzunehmen, wenn sie nicht „vor Ort“ zu ändern sind. Ohne vollen Ausgleich im Innenverhältnis müssten die Gebühren mittelbar von allen anderen Clubs des DFL e.V. getragen werden, ohne dass die Bremische Gebührenregelung auf sie anwendbar wäre und ohne dass ihnen die Polizeieinsätze in Bremen individuell zurechenbar wären.

Ohnehin steht die DFL nicht abstrakt neben den Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga, die Clubs sind vielmehr Mitglieder des DFL e.V.. Der DFL e.V. kehrt insbesondere rund 92 Prozent der Erlöse aus der gemeinschaftlichen medialen Verwertung der Spiele der Bundesliga und 2. Bundesliga an die Clubs aus. Die Clubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga – nicht der DFL e.V. oder die DFL GmbH – haben in der Spielzeit 2017/18 insgesamt einen Umsatz von 4,42 Mrd. Euro erwirtschaftet, aber auch 1,28 Mrd. Euro an Steuern und Abgaben abgeführt.

Die DFL tritt weiterhin für eine enge Zusammenarbeit aller Netzwerkpartner ein – mit dem Ziel einer größtmöglichen Sicherheit bei Fußballspielen unter Reduzierung der Anzahl der Polizeikräfte und ihrer Einsatzstunden. Mit den „Stadionallianzen“ wurde in Baden-Württemberg ein erfolgreiches Pilotprojekt gestartet, dessen Grundlage veränderte, verbindliche Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen und damit auch ein angepasstes Vorgehen der Polizei sind. Dadurch sollen Konfliktsituationen minimiert und die Sicherheit maximiert werden. Den Kern der Stadionallianzen bildet eine intensivierte spieltagbezogene Zusammenarbeit von Clubs, Fanprojekten und der Polizei vor allem zwischen entscheidungsbefugten Verantwortlichen, die vor, während und nach einem Spiel gemeinsame Entscheidungen treffen und diese auch nach außen gemeinsam tragen. Die Einsatzbelastung der Polizei Baden-Württemberg konnte in der Saison 2018/19 im Vergleich zur vorherigen Spielzeit in der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga um insgesamt etwa 4.500 Einsatzstunden reduziert werden.